Selbst einen Gin produzieren? Das ist alles ganz einfach und jederzeit in den eigenen vier Wänden möglich. Dabei kann sich die eigene Produktion lediglich darauf beschränken, Botanicals in Alkohol einzulegen (okay, mazerieren) und anschließend zu filtern, um die ganzen Stoffe wieder herausbekommen. Wer dabei auf Doppelkorn oder Wodka setzt, muss anschließend nicht mal die Alkoholstärke reduzieren. Anders sieht es bei Lebensmittelalkohol aus, der um die 96 Prozent hat. Der Vorteil ist, dass man anschließend den Gin auf seine persönliche Lieblingsstärke mit Wasser reduzieren kann.
Wichtig: Der Alkohol nimmt natürlich nicht nur die Aromen, sondern auch die Farbe der Botanicals mit auf. Wer mit frischen grünen Kräutern experimentiert, erhält einen grünlich gefärbten Gin, wobei die Frische der Kräuter über den Grünton entscheidet. Bei meinem Versuch mit Süßkirschen aus dem eigenen Garten erhielt ich einen Rotton. Die Farbe lässt sich nicht ganz rausfiltern, egal, wie viele Filtrationen erfolgen. Das ist nur möglich, wenn man noch einmal destilliert.
Keine Alkohol-Destillation für Privatmenschen erlaubt!
Und hier kommt das große ABER! Privatleuten ist es seit 1.1. 2018 strikt verboten, Alkohol zu destillieren. Der Staat fürchtet nämlich um seine Einnahmen aus der Alkoholsteuer. Dabei kann man jederzeit echte Destillieranlagen - von der billigen China-Stahlware bis hin zu teuren, edlen Kupferbrennblasen - kaufen. Bis zwei Liter Volumen muss man nichts tun, ab zwei Liter Fassungsvermögen muss nicht nur der Verkäufer den Kauf dem Zollamt melden, sondern auch der Käufer selbst muss beim Zollamt anzeigen. Zulässig ist damit zum Beispiel das Destillieren von ätherischen Ölen oder Wasser, aber eben kein Alkohol. Sonst drohen Geldstrafen und die Destillieranlage wird konfisziert.
Was man braucht
Doch genug der Vorrede. Wer sich an die Vorgaben hält, kann ein spannendes Hobby entwickeln. Es ist dann fast wie beim Kochen, wenn man ein neues Rezept ausprobiert. Der einzige Unterschied: Es dauert ein paar Tage, bis man den finalen Gin probieren kann. Verkostungen zwischendurch sind natürlich erlaubt - und jeder kann zwischendurch noch seine Zutaten verändern oder verfeinern. Was braucht man also?
Schritt 1: Grundlage mit Wacholder legen
Wir füllen den Alkohol in das Gefäß und fügen zunächst die Wacholderbeeren hinzu. Ich zerstoße dabei immer ein paar der Wacholderbeeren und lasse sie je nach Lust und Laune zwischen acht und 24 Stunden drin liegen, ehe ich die weiteren Botanicals hinzufüge. Die Dauer entscheidet, wie kräftig die Wacholdergrundlage ist.
Schritt 2: Hinzufügen der Botanicals
Was soll alles hinein und vor allem, wie viel? Wer kocht, hat vielleicht schon ein Gefühl, wie viel von jeder Zutat hineinpasst und welche auch wirklich zusammen passen. Die Aromen sollten sich gegenseitig ergänzen oder aber Kontraste aufbauen, die geschmacklich ein Erlebnis versprechen. Daher ist Experimentieren angesagt, selbst mit dem Risiko, dass es mal nichts wird. Mir sind schon wunderbare Gins gelungen, aber auch absolute Katastrophen, die ich nur noch wegkippen konnte. Wie beim Kochen: Nicht immer schmeckt das Ergebnis und man muss ja auch nicht alles trinken. Neben den Zutaten entscheidet auch die Zeit, wie lange die Botanicals im Alkohol verbleiben. Hier helfen Kostproben, die einem verraten, ob das Botanical im Gin schon angekommen ist oder noch etwas braucht – und ob die Mischung stimmt. In meinem Beispiel hatte ich mich entschlossen, die Süßkirschen aus dem eigenen Garten zu verwenden, die ich durch weitere florale Botanicals wie Lavendel- und Hibiskusblüten ergänzt hatte.
Schritt 3: Das Filtern
Nach dem Lagern kommt das Filtern. Ich lege nie mehr als einen Liter Alkohol als Grundlage an und lager alles gerne in einem Vorratsglas. Beim Filtern gehe ich ziemlich hemdsärmlich vor, wie die Fotos mit meinem Kirschgin verraten: Ich fülle die Flüssigkeit um, hänge direkt zwei Kaffeefilter per Einweckgummi in das zuvor gespülte Vorratsglas und lasse die Flüssigkeit drei bis vier mal durch immer erneuerte Filter durchlaufen. Das dauert etwas und man muss ein wenig Geduld mitbringen, aber anders geht es nicht. Im ersten Schritt kommen ohnehin nur die groben Botanicals heraus. Im meinem blieben zuerst die Süßkirschen draußen.
Die Kirschen hatte ich übrigens ohne Steine verwendet, aber sie kann man auch drin lassen, weil selbst die Steine noch Aromen abgeben können. Das hatte bei mir eher praktische Gründe: Die Kirschen waren ungespritzt und hatten natürlich auch einen entsprechenden Schädlingsbefall. Da war es ziemlich mühsam, wirklich insektenfreie Kirschen zusammenzusuchen, die ich dann halbiert in den Alkohol eingelegt hatte. Die Flüssigkeit bleibt rot, aber das hat auch seinen Charme.
Schritt 4: Alkoholgehalt reduzieren
Da ich Lebensmittelalkohol verwende, hat der frisch gefilterte Gin eine ordentliche Stärke, die ich mit Wasser reduziere. Am Ende lande ich in der Regel bei einem Satz von 42 Prozent, was für mich eine angenehme Stärke ist. Das messe ich natürlich mit einem Alkoholmessgerät. Hier kann man einen Zwischenstand erkennen, bei dem der Gin noch deutlich über 60 Prozent Alkoholgehalt lag. Den Kirsch-Gin habe ich schließlich auf 42,5 Prozent eingependelt.
Schritt 5: Das Lagern
Das kann, muss aber nicht sein. Ich lasse meinen Gin länger in dem Vorratsglas stehen, natürlich vor der Sonne geschützt. Nach einiger Zeit flockte das Ganze noch mal aus, so dass ich es noch einmal filtere, aber danach ist Ruhe. Im Glas verändert sich geschmacklich nichts mehr.
Schritt 6: Das Genießen
Muss ich dazu noch mehr sagen? Ob sich der Aufwand gelohnt hat, verrät der eigene Gaumen. Der hier gezeigte Kirsch-Gin war bzw. ist ganz okay, und weil es mein eigener ist, würde ich 4/5 Punkten geben, ein Fremdgin würde vermutlich nur 3 bekommen. Mir persönlich fehlte noch ein abrundendes Element, auch der Alkohol war nicht ordentlich ausbalanciert, sondern hatte noch einen Tick zuviel Schärfe. Aber genau das lässt Raum für Experimente. Wichtig ist nur: Schreibt vorher auf, wie viel ihr jeweils hinein getan habt und wie lange die Botanicals im Alkohol lagen. War das Ergebnis top, lässt sich dieser Erfolg reproduzieren und kann damit Freunde und Bekannte überraschen.